Fake News: Wie kann Desinformation in sozialen Netzwerken entlarvt werden?

Desinformation verbreitet sich auf Facebook, Telegram und Co. wie Lauffeuer. Nach Corona-Verschwörungstheorien konzentrieren sie sich thematisch nun auf den Krieg in der Ukraine. Hier erfahren Sie, wie Sie mit Desinformation in Sozialen Medien umgehen.

Graue Wand mit Nebel
  Foto Adobe Stock

Fake News und Verschwörungstheorien in Sozialen Medien – darüber wurde seit Beginn der Corona-Pandemie häufig berichtet. Wenngleich bereits davor verschiedenste Desinformation im Internet kursierte, führte besonders das Coronavirus und die Maßnahmen zu dessen Eindämmung zu einer gesteigerten Verbreitung von falschen Informationen. Aber auch der Krieg in der Ukraine wird von einer Welle an Desinformation begleitet. Verschwörungstheorie-Experte Claus Oberhauser, Leiter des Instituts für fachdidaktische und bildungswissenschaftliche Forschung und Entwicklung an der Pädagogischen Hochschule Tirol, spricht in diesem Zusammenhang von „anlassbezogenen Verschwörungstheorien“ und einer Maschinerie dahinter, die seit 2014 von gleichbleibenden Akteurinnen und Akteuren bedient wird. „Während zunächst insbesondere Verschwörungstheorien über die sogenannte „Flüchtlingskrise 2015“ und davor schon über die „Griechenlandkrise“ (griechische Staatsschulden- beziehungsweise Finanzkrise seit 2010, Anm. d. Red.) im Vordergrund standen, verdichten sich seit Längerem Verschwörungstheorien über den Einfluss der EU beziehungsweise von globalen Eliten auf Europa. Die Coronakrise fungierte größtenteils als Brandschleuniger von bereits vorhandenen Netzwerken und Social-Media-Maschinerien im Hintergrund“, erklärt Oberhauser allgemein zu Desinformation.

Tipp

Ab 9. Mai können Pädagoginnen und Pädagogen verschiedenster Bildungseinrichtungen an einer kostenlosen Online-Fortbildung mit dem Titel „Digital Citizenship – Kompetent in Demokratie und Unterricht“ teilnehmen. Der vom Demokratiezentrum Wien entwickelte und vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung unterstützte MOOC (Massiv Open Online Course) liefert einen Überblick zu Online- und Sozialen Medien im Kontext einer demokratischen Zivilgesellschaft. In drei inhaltlich aufeinander aufbauenden Lektionen (12 Unterrichtseinheiten) werden Themen wie digitale Partizipationsmöglichkeit, Fake News und kritische Medienkompetenz beziehungsweise Quellenkritik behandelt. Die Anmeldung erfolgt über PH Online als österreichweite Fortbildung oder über die Bildungsplattform iMOOX.at

Desinformation in sozialen Netzwerken auf Hochtouren

Mit Beginn der Pandemie spielten besonders die Algorithmen der Social-Media-Plattformen eine maßgebliche Rolle beim Verbreiten der Fake News: Interaktionen wie Kommentare, Likes oder Shares kamen bei Postings mit emotionalisierten Überschriften und Inhalten zum Coronavirus in der Regel häufiger vor. Dies hatte zur Folge, dass diese Postings von Facebook und anderen Social-Media-Plattformen als relevanter eingestuft und damit öfter ausgespielt wurden, wodurch Falschinformationen schneller verbreitet wurden.

Die Plattform Facebook reagierte auf diese Entwicklung und ergriff verschiedene Maßnahmen, die die Verbreitung von Verschwörungstheorien und Fake-News-Meldungen eindämmen sollen. Userinnen und User können nun Falschmeldungen als solche markieren und melden. Zudem helfen unabhängige Dritte („Faktenprüfer“), Falschmeldungen zu identifizieren und für die Community als unglaubwürdig zu kennzeichnen. Welche Personen aber genau hinter den verbreiteten Fake News – zum Beispiel zum Krieg in der Ukraine – stecken, „lässt sich nicht einwandfrei feststellen“, meint der Experte Oberhauser. „Bekannt zum heutigen Tag sind Social-Media-Propaganda-Aktionen von russischer Seite, die offensichtlich seit längerer Zeit geplant und im März 2022 unter anderem via Twitter umgesetzt wurden. Vieles wird über Bots oder Interessensgruppen verbreitet, dies muss natürlich auf ein Publikum treffen. Hier spielen dann Privatpersonen beziehungsweise COVID-Verschwörungstheorie-Communities eine wichtige Rolle, da diese wiederum ihre Netzwerke nutzen. Auch Kriegsverherrlicherinnen und Kriegsverherrlicher mischen sich darunter“, so der Institutsleiter. Die Desinformation hat auch in diesem Fall zum Ziel, die öffentliche Meinung im Sinne ihrer Verfasserinnen und Verfasser zu beeinflussen.

Hinweis

Nähere Infos zur Verbreitung von Fake News während Corona-Pandemie und wie Sie diese erkennen können, lesen Sie in unserem Beitrag "Die Online-Flut an Desinformation".

Wenngleich viel Desinformation von Faktenchecker-Plattformen wie mimikama.at schnell als Fake entarnbar ist, sei es vor allem die Masse an problematischen Informationen, die Sorgen bereiten muss, meint Oberhauser. Des Weiteren hinke man im Entschlüsseln von Falschinformationen, die auch mit neuen KI-Technologien wie Deepfake-Videos – manipulierte Videos, in denen mithilfe verschiedener Programme das Gesicht der abgebildeten Person durch ein anderes ersetzen wird – verbreitet werden, immer hinterher: „Die Aufgabe wird darin bestehen, präventiv tätig zu sein“, so Oberhauser.

Hinweis

In unserem Schwerpunkt zu „Deep-Fakes“ erhalten Sie nähere Informationen über die Entstehung und Erstellung solcher Video-Manipulationen.

Desinformation erkennen

Internetuserinnen und -user sollten Informationen, die im Internet kursieren, vor dem Teilen oder Weiterleiten immer auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen. Einige Hinweise helfen dabei, unabhängig vom Thema, Fakt von Fiktion zu unterscheiden. Fehlen etwa Quellenangaben und sind Überschriften, Teaser-Texte oder der gesamte Inhalt eines Beitrags besonders reißerisch oder emotional geschrieben, sollten Sie vorsichtig sein. Überprüfen Sie die Herkunft des Postings und der darin verwendeten Bilder und kontrollieren Sie, ob es sich bei der Autorin beziehungsweise beim Autor um eine echte Person handelt. Häufig treiben Alias Accounts (ein Account, hinter dem sich keine reale Person oder jemand mit einer erfundenen Identität verbirgt), Social Bots und Trolle in Sozialen Medien ihr Unwesen.

Hinweis

Bots beziehungsweise Social Bots sind Software-Programme, die in sozialen Netzwerken Funktionen wie „Liken“ oder „Reposten“ ausführen können. Die Computerprogramme können auch einfache Kommentare verfassen und damit gezielt für politische Kampagnen eingesetzt werden.

Gefakte Profile erkennen Sie zumeist an:

  • fehlenden, gefälschten oder geklauten Profilbildern.
  • erfundenen Namen von Userinnen und Usern, die bei einer Google-Suche keine Treffer ergeben.
  • fehlenden „menschlichen“ Aktivitäten oder Interaktionen mit Freundinnen oder Freunden.

Etwas anders vorgehen müssen Userinnen und User, um Social-Media-Trolle zu erkennen. Hierbei handelt es sich um Personen, die in Sozialen Medien durch übertrieben polemische Kommentare und Interaktionen gezielt provozieren und dabei Fake-Profile verwenden. Verfasserinnen und Verfasser sind hier keine Computerprogramme, sondern echte Menschen. Trolle wollen in der Regel Unruhe stiften und können auch eine politische Agenda verfolgen. Zu erkennen sind sie an Kommentaren, die:

  • andere Userinnen und User mit aggressiven, rassistischen, sexistischen oder homophoben Kommentaren persönlich angreifen oder beleidigen.
  • thematisch und inhaltlich nicht auf Postings oder Argumente eingehen und auch nicht sachlich diskutieren.
  • häufig in schlechter Grammatik und Rechtschreibung geschrieben sind.

Besonders unter dem Tarnmantel eines Fake-Profils oder Alias Accounts wird häufig Desinformation verbreitet. Grund dafür ist eine durch die Anonymität verminderte Hemmschwelle. Selbst ein Verbot von Accounts ohne Klarnamen konnte jedoch die Vermehrung solcher Nutzerkonten etwa auf Facebook nicht eindämmen.

Hinweis

Wie Sie Alias Accounts und Social Bots im Internet entlarven, wird im Beitrag „Alias Accounts – Wie man erkennt, wer dahintersteckt“ näher erklärt. Außerdem erhalten Sie Infos und Tipps für den Umgang mit Trolling.

Erst kontrollieren, dann teilen

Häufig sind Userinnen und User an der Weitergabe falscher Informationen beteiligt, indem sie ungeprüfte Inhalte teilen und dadurch Desinformationskampagnen unterstützen. Bei der Informationssuche im Netz sollten daher Inhalte kritisch überprüft und mithilfe von unabhängigen Quellen einem Faktencheck unterzogen werden. Fehlen beispielsweise Quellenangaben, die eine rasche Überprüfung des Inhalts ermöglichen würden, sollten Nutzerinnen und Nutzer misstrauisch werden. Eine Überprüfung von Inhalten beziehungsweise Behauptungen kann auch mithilfe verschiedener Faktencheck-Plattformen erfolgen.

Hinweis

Wie besonders Jugendliche seriöse von unseriösen Inhalten im Internet unterscheiden können, erfahren Sie im Beitrag „Tipps für die Internetrecherche und Quellenkritik für Jugendliche“. Im Zweifelsfall wenden Sie sich an die Faktencheck-Plattformen mimikama.at oder correctiv.org. Auch die Austria Presse Agentur (APA) überprüft in Faktenchecks in den Medien kursierende Informationen zu aktuellen Themen.

Nicht selten können auch geteilte Fotos durch Bildbearbeitungsprogramme oder die gezielte Wahl eines Bildausschnittes manipuliert werden. Welche Methoden für Bild-Manipulationen in Sozialen Medien häufig verwendet werden, erfahren Sie im Beitrag „Cheap Fake: audiovisuelle Fälschungen mithilfe einfacher Mittel“. Bevor Sie also das nächste Mal Social-Media-Postings beispielsweise an Ihre Freundinnen und Freunde weiterleiten, sollten Sie überprüfen, ob die Informationen auch der Wahrheit entsprechen.

Letzte Aktualisierung: 19. April 2022

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria