Cybermobbing im schulischen Umfeld: So schützen Sie Ihre Kinder vor Hass im Netz

Ob im digitalen Klassenzimmer, in Chat-Gruppen oder nach Schulschluss – Cybermobbing kann überall passieren. Die Expertin Barbara Buchegger von Saferinternet.at gibt Tipps, wie Kinder und Jugendliche, Eltern und Schule gemeinsam gegen Hasskommentare vorgehen können.
 

Gestapelte Schulbücher mit Stiften und Apfel darauf
Cybermobbing.  Foto Adobe Stock

Wenn Menschen in digitalen Medien bewusst und über einen längeren Zeitraum bedroht, beleidigt, belästigt, bloßgestellt oder ausgegrenzt werden, handelt es sich um Cybermobbing. Mobbing im Internet, beispielsweise über soziale Netzwerke oder Messenger-Dienste, kann alle treffen – sehr häufig auch Schülerinnen und Schüler. Barbara Buchegger ist pädagogische Leiterin der Initiative Saferinternet.at am Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT). Sie erklärt im Interview, wie sich Cybermobbing äußert, was Eltern gemeinsam mit ihren Kindern dagegen tun können und welche Rolle dabei die Schule spielt.

Tipp

Wer für die Löschung von Hasskommentaren und rechtswidrigen Inhalten verantwortlich ist, lesen Sie im Beitrag: „Beleidigende Postings, böse Kommentare: Wofür man auf Social Media haftet“.

Was kann Cybermobbing im schulischen Kontext bedeuten? Welche Beispiele kommen in der Praxis vor?
Barbara Buchegger: Bei Cybermobbing geht es um das absichtliche Fertigmachen einer Person mithilfe von digitalen Medien. Dabei besteht ein Machtungleichgewicht zwischen Täter beziehungsweise Täterinnen und deren Opfer. Beispiele für Cybermobbing können etwa das bewusste Ausschließen einer Person aus Messenger-Gruppen oder gezielte negative Kommentare auf Social-Media-Plattformen sein. Cybermobbing umfasst aber immer mehrere Bereiche und ist daher oft für Außenstehende schwierig zu erkennen. Ziel ist es, eine Person gezielt zu erniedrigen.

Gibt es einen Unterschied zwischen Mobbing im „echten“ Leben und im Internet?
Buchegger: Für Jugendliche ist das Internet das echte Leben. Mobbing und Cybermobbing im schulischen Kontext kommen zumeist gemeinsam vor. Das bedeutet, dass das, was online im Internet passiert, auch offline in der Schule, im Klassenzimmer oder auf dem Schulweg passieren kann.

Ändert sich Cybermobbing mit dem Übergang vom Kindes- ins Jugendalter?
Buchegger: Ja. Auf Basis unserer Beobachtungen gibt es außerdem zwei Höhepunkte für Mobbing und Cybermobbing in der schulischen Laufbahn: Mit dem Beginn des Teenageralters und der Pubertät, etwa in der 6./7. Schulstufe, sowie ein Jahr vor der Matura. Wobei der zweite Höhepunkt sogar noch heftiger ausfallen kann, weil hier neben rufschädigendem Verhalten auch Nacktfotos in das Cybermobbing involviert sein können.

Hinweis

Worauf Erziehungsberechtigte in Bezug auf den Social-Media-Konsum ihrer Kinder achten können, lesen Sie im Beitrag „Jugendliche auf Social Media – Trends, Risiken und Tipps für Eltern“.

Wie erkennen Eltern, ob ihre Kinder von Cybermobbing betroffen sind?
Buchegger: Das ist gar nicht so einfach. Mögliche Anzeichen können sozialer Rückzug oder psychosomatische Erkrankungen sein. Wenn Kinder oder Jugendliche plötzlich nicht mehr in die Schule gehen wollen oder über Freunde schlecht reden, kann das ebenso auf Cybermobbing hinweisen. Gerade aber in Post-Corona-Zeiten können das auch Anzeichen für ganz andere Probleme sein. Im Endeffekt erfahren Eltern erst dann davon, dass ihre Kinder von Cybermobbing betroffen sind, wenn sie sich ihnen anvertrauen. Kinder und Jugendliche wenden sich in diesem Kontext häufig dann an ihre Eltern, wenn sie bereits alle anderen Lösungsmöglichkeiten versucht haben. Selbst wenn man als Elternteil alle Nachrichten am Smartphone des Kindes durchlesen würde, wäre die Grenze zwischen Spaß und Ernst in der Kommunikation der Kinder und Jugendlichen nur schwer einschätzbar. In sehr schweren Cybermobbing-Fällen können Kinder und Jugendliche auch psychische Erkrankungen wie Depressionen entwickeln, die sogar bis hin zu Suizidgedanken führen können.

Welche Schritte können Eltern setzen, um Cybermobbing zu beenden?
Buchegger: Der erste und wichtigste Schritt ist das Kind ernst zu nehmen. Es geht darum, nicht dem Kind die Schuld in die Schuhe zu schieben, sondern einen Ausweg aus der Situation zu finden. Technisch gesehen empfiehlt es sich, Beweise des Cybermobbings zu sammeln, etwa indem Screenshots von Postings gemacht und in Protokollen die Ereignisse dokumentiert werden. Gemeinsam mit dem Kind können Eltern dann überlegen, welche Personen zur Vermittlung und zur Lösung des Konflikts beitragen können. In der Schule können das etwa Klassenvorständinnen und Klassenvorstände oder Vertrauenslehrerinnen und Vertrauenslehrer sein. In schwierigen Fällen kann auch die Direktion mit einbezogen werden. Nach dem Strafgesetz kann Cybermobbing auch angezeigt werden – das passiert in Einzelfällen, allerdings besteht darin keine Lösung für das Kind selbst. Es braucht in dieser Situation eine Entlastung und eine Perspektive für die Zukunft.

Hinweis

Weitere Informationen, wie Sie sich gegen Cybermobbing zur Wehr setzen können, finden Sie im Beitrag „Erste Hilfe bei Cyber-Mobbing: Tipps für Eltern und Kinder“.

Was können Eltern tun, um ihre Kinder vor Cybermobbing zu schützen?
Buchegger: Rein technische Lösungen gibt es leider nicht, auch weil Mobbing online wie offline stattfinden kann. Eltern können mit ihren Kindern aber beispielsweise besprechen, in welcher Art und Weise sie sich in Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken darstellen oder auch wie man mit Konflikten und Emotionen am besten umgehen kann.

Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit Cybermobbing erst gar nicht entsteht?
Buchegger: Es braucht ein gutes Schulklima, einen wertschätzenden Umgang miteinander sowie Lehrerinnen und Lehrer, die ihren Schülerinnen und Schülern zeigen, dass sie Interesse an ihren Ansichten, ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten haben. Es ist wichtig, dass in der Schule der soziale Umgang miteinander vorgelebt und der Druck herausgenommen wird. Das können wichtige Präventionsmaßnahmen sein. Wenn Mitschülerinnen und Mitschülern auffällt, dass Cybermobbing im Internet passiert, sollten sie darauf aufmerksam machen oder Hilfe holen. Wichtig ist: Zivilcourage zeigen – auch online!

Wo und wie können sich Eltern, aber auch Schülerinnen und Schüler hinsichtlich Cybermobbing beraten lassen?
Buchegger: Kinder und Jugendliche finden konkret bei Rat auf Draht unter der Telefonnummer 147 oder unter Rataufdraht.at Unterstützung. Auch für Eltern gibt es dazu ein Angebot auf Elternseite.at mittels Videoberatung. Darüber hinaus gibt es Workshops und Beratungen im Rahmen von Gewaltprävention, die von Organisationen oder auch von der Polizei angeboten werden. Es zahlt sich auf jeden Fall aus, sich zu erkundigen, welche Angebote es in der Prävention und Intervention in der eigenen Umgebung gibt.

Tipp

Weitere hilfreiche Tipps sowie Empfehlungen zu Sicherheitseinstellung für verschiedene Social-Media-Plattformen finden Sie auch auf Saferinternet.at. Die Video-Reihe „Frag Barbara!“ informiert praxisnah und verständlich über Online-Medien und Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen.

Letzte Aktualisierung: 28. September 2022

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria