Dropshipping: Worauf beim Onlinekauf zu achten ist

Wie Konsumentinnen und Konsumenten unseriöse Praktiken beim Dropshipping erkennen können, erklärt der Experte Reinhold Schranz im Interview.

Symbol eines Einkaufwagens auf einer Tastatur
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Mittels Dropshipping verkaufen Onlinehändler Waren, die sie selbst gar nicht besitzen. Warum dieses immer beliebter werdende E-Commerce-Modell für Konsumentinnen und Konsumenten zum Problem werden kann, wie sich Dropshipping-Websites überhaupt als solche erkennen lassen und worauf Endkundinnen und Endkunden beim Onlinekauf achten sollten, erklärt Reinhold Schranz, Leiter des Europäischen Verbraucherzentrums Österreich im Verein für Konsumenteninformation (VKI).


Was bedeutet der Begriff Dropshipping und wie funktioniert diese Methode?
Reinhold Schranz: Dropshipping ist eine Art des Onlinehandels, bei der Händler die Waren, die sie verkaufen, nicht selbst produzieren oder besitzen, sondern über ein Großhandelsunternehmen, das in den allermeisten Fällen in Asien (vor allem in China) ansässig ist, verschicken lassen. Das bedeutet, dass Dropshipping-Unternehmen mit geringem Startkapital und ohne große Infrastruktur einen Webshop betreiben können, ohne sich um Lagerung oder Versand kümmern zu müssen.

Welchen Einfluss hat Dropshipping auf das Einkaufen im Internet? Was hat sich dadurch verändert?
Schranz: Dropshipping boomt und ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Wir vom Europäischen Verbraucherzentrum sehen Dropshipping kritisch. Auf Facebook, TikTok oder Instagram werben Online-Coaches für Dropshipping und versprechen vor allem jungen Menschen ein unabhängiges Leben in Reichtum. Schließlich ist es relativ einfach, einen Dropshipping-Webshop zu kreieren. Leider entsprechen viele dieser Websites nicht dem österreichischen beziehungsweise europäischen Recht.

Welche Nachteile gibt es für Endkundinnen und Endkunden bei Dropshipping?
Schranz: Dropshipping kann für Konsumentinnen und Konsumenten sehr problematisch werden. Zunächst ist oftmals nicht klar, wer der Vertragspartner ist, da viele Dropshipping-Unternehmen ihre Daten im Impressum nicht genau angeben. Ein weiteres Problem betrifft die Lieferzeit. Da Produkte nicht vom Dropshipper selbst, sondern etwa aus China geliefert werden, bestehen für Bestellungen lange Wartezeiten, auf die Konsumentinnen und Konsumenten häufig nicht hingewiesen werden. Wird aus einem Drittstaat versendet, fallen außerdem in der Regel Gebühren, wie beispielsweise eine Zollgebühr oder Einfuhrumsatzsteuer, an, worüber Konsumentinnen und Konsumenten ebenso nicht immer aufgeklärt werden. Das verstößt massiv gegen die Informationspflichten nach dem Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz.

Gibt es auch Vorteile für Konsumentinnen und Konsumenten?
Schranz: Nein. Einen Vorteil hat meines Erachtens lediglich der Dropshipper selbst. Solche Einzelhändler kaufen sehr billige und häufig minderwertige Ware aus China ein, die sie anschließend an europäische Kundinnen und Kunden mit einem Preisaufschlag von 50 Prozent, 100 Prozent oder sogar mehr verkaufen. Für Konsumentinnen und Konsumenten sehe ich nur Nachteile, da sie über die Herkunft der Ware getäuscht werden – auch weil die Webshops österreichische oder deutsche Domain-Endungen haben. Das sind irreführende Geschäftspraktiken.

Welche Probleme können durch unseriöse Dropshipping-Praktiken auf Endkundinnen und Endkunden zukommen?
Schranz: Zusammenfassend kann man sagen, dass Konsumentinnen und Konsumenten aufgrund mangelnder Information nicht wissen, woher ihre bestellte Ware kommt, wie lange sie darauf warten müssen und ob Zollgebühren oder eine Einfuhrumsatzsteuer von ihnen zu zahlen sind. Unseriöse Dropshipper verstoßen so gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowie gegen das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz. Weiters sehen wir massive Probleme bei der Rücksendung von Waren, beispielsweise bei einem Umtausch oder einem Widerruf nach dem Fernabsatz. In uns bekannten Fällen wurden die bestellten Waren weder ausgetauscht noch wurde der Kaufpreis retourniert.

Dropshipper fordern auch häufig die Rücksendung nach Asien. Dies führt zu sehr hohen Kosten für Konsumentinnen und Konsumenten, die oftmals an den Warenwert heranreichen. Sofern eine Rücksendeadresse in Europa angegeben ist, handelt es sich dabei häufig um Privatadressen, wo in vielen Fällen Pakete nicht angenommen werden und die Rücksendung nicht funktioniert. Weiters sehen wir die von Dropshippern verlangten Kaufpreise als zu hoch an. Die verkauften Waren sind häufig minderwertig, es besteht ein Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem objektiven Warenwert. In den uns bekannten Fällen ist von Wucher beziehungsweise einer Verkürzung über die Hälfte auszugehen. Neben dieser rechtlichen Betrachtung ist es meines Erachtens auch wichtig, hinter die Kulissen des Dropshippings zu blicken. Viele teuer über Dropshipping verkaufte Produkte werden billigst und unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen in Asien produziert.

Worauf sollten Endkundinnen und Endkunden beim Onlinekauf über Dropshipping-Anbieter achten?
Schranz: Wenn Sie online eine Ware bestellen und nicht klar ist, wer der Vertragspartner ist, lassen Sie lieber die Finger davon! Es lohnt sich auch, einen Blick auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu werfen, um möglicherweise so zu erkennen, ob eine Ware aus Europa oder China versendet wird. Wichtig ist, darauf zu achten, ob es eine Kontaktmöglichkeit bei Problemen gibt. Klären Sie auch, ob der Webshop über Lieferzeiten und anfallende Kosten informiert. Wenn Sie sich für eine Bestellung entscheiden, zahlen Sie immer mit Kreditkarte oder PayPal und nicht aktiv per Banküberweisung. So können Sie im Problemfall die Zahlung über das Kreditkartenunternehmen rückbuchen lassen („Chargeback“) oder vom PayPal-Käuferschutz profitieren.

Hinweis

Onlinebestellungen aus Drittstaaten können mit Komplikationen verbunden sein. Worauf im Allgemeinen zu achten ist, erfahren Sie im Experteninterview „Internationales Onlineshopping: Risiken bei Warenimporten aus Drittstaaten“.

Welche Rechte haben Verbraucherinnen und Verbraucher beim Onlineshopping und speziell im Rahmen von Dropshipping?
Schranz: Im Onlinehandel hat man ab Erhalt der Ware ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Darüber hinaus bestehen vor einem Kauf Informationspflichten des Händlers über die wesentlichen Eigenschaften der Ware, die Kontaktdaten des Unternehmens inklusive einer klagsfähigen Anschrift (kein Postfach!), den Gesamtpreis der Ware einschließlich aller Steuern und Abgaben, die genaue Lieferzeit, das Widerrufsrecht, die Tragung der Rücksendekosten im Fall eines Widerrufs sowie eine Rücksendeadresse. Manche Dropshipper verlegen ihre Tätigkeit in Drittstaaten, in denen es weniger strenge gesetzliche Vorschriften im E-Commerce und bei der Firmenregistrierung gibt. Als Konsumentin oder Konsument ist man in der Durchsetzung seiner Rechte dann häufig eingeschränkt.

Inwiefern lassen sich Dropshipping-Unternehmen zur Verantwortung ziehen? An wen können sich Konsumentinnen und Konsumenten wenden?
Schranz: Dropshipping-Unternehmen halten in vielen Fällen österreichische und europäische Vorschriften nicht ein, verstoßen also massiv gegen das E-Commerce-Gesetz, das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sowie Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (Wucher, Verkürzung über die Hälfte). Ist das der Fall und haben Dropshipper ihren Firmensitz im europäischen Ausland, können sich Konsumentinnen und Konsumenten an uns vom Europäischen Verbraucherzentrum wenden. Geht es um Dropshipping-Unternehmen mit österreichischer Adresse, ist das Beratungszentrum des VKI zuständig. Konsumentinnen und Konsumenten können sich in diesem Fall auch an die österreichische Internet Ombudsstelle wenden.

Hinweis

Wer im Internet einkauft, setzt sich verschiedenen Risiken aus. Weiterführende Informationen sowie Beratung und iHilfe im Betrugsfall finden Sie auch auf watchlist-internet.at und ombudsstelle.at.

Welche Empfehlungen haben Sie für Unternehmen, die selbst ein Dropshipping-Business aufbauen möchten
Schranz: Wer ein seriöses Dropshipping-Unternehmen aufbauen möchte, muss sein Geschäftsmodell für Konsumentinnen und Konsumenten offenlegen. Dazu zählen Informationen über das Unternehmen selbst, die Herkunft der Ware, die Dauer der Lieferung und anfallende Kosten. Ein seriöses Dropshipping-Unternehmen sollte außerdem eine Rücksendeadresse in Europa bekannt geben.

Letzte Aktualisierung: 21. Dezember 2022

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria