Der digitale Fußabdruck: Tipps für mehr Anonymität im Netz

Auf Schritt und Tritt hinterlassen wir im Netz kleine Datenhäppchen, die in Summe eine detaillierte Auskunft über unser Surfverhalten geben. Im Interview mit Matthias Jax, Projektleiter von Saferinternet.at, erfahren Sie, was Sie über den „digitalen Fußabdruck“ wissen sollten.

Violetter digitaler Fußabdruck vor schwarzem Hintergrund
Digitaler Fußabdruck.  Foto Adobe Stock

Noch immer sind sich viele Userinnen und User nicht der Tatsache bewusst, dass sie beim Surfen im Internet Datenspuren hinterlassen. Die Summe dieser elektronischen Spuren wird als „digitaler Fußabdruck“ (oder auch elektronischer Fußabdruck, digitaler Fingerabdruck, Datenschatten) bezeichnet.

Je mehr Sie das Internet nutzen, desto größer ist in der Regel auch Ihr digitaler Fußabdruck. Dieser setzt sich aus Informationen zusammen, die Sie selbst ins Internet gestellt haben, zum Beispiel ein Social-Media-Posting, aber auch aus Informationen, die Sie nicht mit Absicht hinterlassen haben (passiver digitaler Fußabdruck). Ein Beispiel hierfür ist die IP-Adresse Ihres Computers oder die Sprache ihres Betriebssystems – Informationen, die Sie einem Website-Betreiber zur Verfügung stellen, damit Ihnen passende Inhalte angezeigt werden können.  

Datenspuren im Netz: ein Interview

Was Sie über Ihren digitalen Fußabdruck wissen sollten, mit welchen Maßnahmen dieser geschützt werden kann und ob es möglich ist, heutzutage ohne Datenschatten zu leben, lesen Sie im Interview mit dem Safer-Internet-Experten Matthias Jax vom Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT).

Was ist ein digitaler Fußabdruck?
Matthias Jax: Der digitale Fußabdruck sind Informationen, die ich im digitalen Raum hinterlasse, ähnlich wie etwa Fußstapfen im Schnee.

Woraus besteht ein digitaler Fußabdruck?
Jax: Ein digitaler Fußabdruck besteht aus unterschiedlichsten Informationen, die Ihr Computer von sich preisgibt, sobald Sie ins Internet gehen. Das können zum Beispiel Spracheinstellungen sein oder Angaben zu Browser und Betriebssystem. Da gibt es viele Ebenen an Informationshäppchen, die abgerufen werden können und anhand derer auch die Identifikation einer Person möglich ist.

Was sollten UserInnen und User über den digitalen Fußabdruck wissen?
Jax: Es ist grundsätzlich sehr wichtig, dass Nutzer und Nutzerinnen wissen, dass sie einen digitalen Fußabdruck hinterlassen und nicht anonym sind, wenn sie online sind. Mit diesem Bewusstsein bewegt es sich schon etwas vorsichtiger und sicherer im Internet.

Gibt es Risiken oder Nachteile, die aufgrund des digitalen Fußabdrucks entstehen?
Jax: Der größte Nachteil des digitalen Fußabdrucks ist, dass Plattformen womöglich mehr über Sie wissen, als Sie bereit wären preiszugeben. So kann es zum Beispiel dazu kommen, dass Sie maßgeschneiderte Werbung von Produkten oder Dienstleistungen angezeigt bekommen, obwohl Sie nicht aktiv danach gesucht haben. Dann kann es auch passieren, dass Sie vielleicht irgendwann draufklicken und etwas kaufen, das Sie sonst nicht unbedingt gekauft hätten.

Ist es empfehlenswert, den digitalen Fußabdruck möglichst klein zu halten?
Jax: Der digitale Fußabdruck lässt sich nicht verhindern. Wenn ich mich im Internet bewege, hinterlasse ich Daten. Aber natürlich ist es sinnvoll, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und zum Beispiel spezielle Browser oder Browser-Plugins zu verwenden, die mehr Anonymität bieten.

Haben Sie konkrete Empfehlungen für einen Browser oder Plugins?
Jax: Empfehlenswert ist aktuell zum Beispiel der Open-Source-Browser Firefox, bei dem  automatisiert die Do-Not-Track-Funktion aktiviert ist: Jedes Mal, wenn ich auf eine Website komme, schickt dieser Browser vorab die Aufforderung, mich nicht zu tracken und meine Daten zum Surfverhalten nicht zu nutzen. Ob sich jemand daran hält oder nicht, ist immer eine Vertrauenssache. Wenn man aber datensensitiv im Internet surfen möchte, wäre die Nutzung dieses Browsers meine Empfehlung.

Hinweis

Weitere Tipps für die Nutzung Ihres Browsers finden Sie im Beitrag „Den Browser sicher einstellen: Risiken und Sicherheits-Tipps“.

Welche drei Maßnahmen empfehlen Sie UserInnen und User in Bezug auf Datensparsamkeit?
Jax: Erstens empfehle ich, wie bereits erwähnt, ein Bewusstsein für den digitalen Fußabdruck zu entwickeln: Zu wissen, dass ich womöglich Informationen dargestellt bekomme, die schon auf mich zugeschnitten sind. Zweitens wäre es gut, ein Tool zu nutzen wie den zuvor genannten Browser, das die Anonymität mithilfe der Do-Not-Track-Funktion steigert. Da gibt es auch viele andere Open-Source-Projekte.

Als dritte Maßnahme empfehle ich, immer zu überlegen, welche Daten ich hergeben möchte. Dann der digitale Fußabdruck entsteht nicht nur automatisch beim Surfen im Netz, sondern sammelt und verwertet auch Postings in sozialen Netzwerken wie Instagram, Facebook und Co.

Wie viel Kontrolle haben UserInnen und User über die Datenspuren, die schon vorhanden sind?
Jax: Die Frage der Kontrolle ist nicht so einfach zu beantworten, weil wir alle mittlerweile seit Jahren oder Jahrzehnten online sind. Die Informationen, die vor der Datenschutzgrundverordnung online gestellt wurden, sind von den großen Werbenetzwerken bereits verarbeitet worden. Für meine Person gibt es wahrscheinlich ein sehr gutes, informatives Werbeprofil. Dennoch können wir uns die Kontrolle ein wenig zurückholen, indem wir bewusster im Netz unterwegs sind und die Privatsphäre-Einstellungen für soziale Netzwerke besser nutzen. Natürlich sind auch spezielle Browser und Messenger mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung Möglichkeiten, ein wenig Kontrolle zurückzugewinnen.

An wen können sich UserInnen und User bei Fragen rund um den digitalen Fußabdruck wenden?
Jax: Grundsätzlich ist bei diesem Thema das Selbststudium ein guter Anfang. Es gibt auf YouTube viele tolle Videos von Expertinnen und Experten, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben und hilfreiche Tipps geben. Es gibt also nicht die eine offizielle Fachstelle, an die ich mich wenden kann.

Ist es Ihrer Meinung nach möglich, heutzutage ohne digitalen Fußabdruck zu leben?
Jax: Nein, natürlich nicht, weil wir im privaten oder beruflichen Alltag mit digitalen Medien zu tun haben. Nehmen wir als Beispiel die Umstellung auf die ID Austria, die in Österreich digitale Amtswege ermöglicht. Auch für unzählige andere Anwendungen werde ich für den vollen Funktionsumfang Daten hinterlassen müssen. Sobald ich etwas google, habe ich schon einen digitalen Fußabdruck hinterlassen. Ich bin nie zu 100 Prozent anonym. Dazu müsste ich mich in ein Blockhaus zurückziehen und irgendwo im Wald leben.

Hat der digitale Fußabdruck für uns eigentlich auch irgendwelche Vorteile?
Jax: Doch, der digitale Fußabdruck hat auch viele positive Aspekte. Einer der größten Vorteile ist meiner Meinung nach, dass ich Inhalte angezeigt bekomme, die mich eher interessieren. So funktionieren eben auch soziale Netzwerke. Der Empfehlungsalgorithmus lebt vom digitalen Fußabdruck, den ich hinterlasse. Das macht auch die Nutzererfahrung ein bisschen angenehmer. Wenn ich jetzt in sozialen Netzwerken Dinge sehe, die mich interessieren, dann klicke ich eher drauf und verweile länger auf der Plattform. Ähnlich verhält sich auch Google, das mir Dinge anzeigt, die vielleicht eher auf mich zugeschnitten sind als auf andere.

Tipp

Wie unsere Daten monetarisiert werden und wie viel sie überhaupt wert sind, lesen Sie im Interview „Rabatte gegen persönliche Daten: Ein fairer Tausch?“.

Letzte Aktualisierung: 28. Februar 2024

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria