Gemeinsam gegen verletzende Postings und Hass im Netz: Tipps zur Prävention

Hasspostings können jede und jeden betreffen. Im Interview erklärt Christina Gabriel, Expertin für Kriminalprävention, wie sich Menschen besser gegen Hasskommentare im Internet schützen können und welche Schritte zu setzen sind, wenn Userinnen und User davon betroffen sind.

Frau sitzt lächelnd vor Laptop mit Smartphone in der Hand.
Präventiv gegen Hass.  Foto Adobe Stock

Unter Hasspostings werden generell menschenverachtende beziehungsweise verletzende Kommentare im Internet verstanden. Sie können unterschiedliche Straftatbestände wie etwa gefährliche Drohung, Nötigung oder Verhetzung erfüllen und daher auch unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Verschiedene Maßnahmen – von Datensparsamkeit bis hin zur Bewusstseinsbildung – können jedoch das Risiko, Opfer von Hasskommentaren zu werden, reduzieren.

Gemeinsam gegen Hass im Netz: ein Interview 

„Hasspostings können jede und jeden von uns betreffen. Es gibt kein ‚typisches‘ Opfer“, sagt Christina Gabriel von der Abteilung für Kriminalprävention des Landeskriminalamtes Wien. Im Interview erklärt sie, wie Sie sich am besten vor Hasskommentaren schützen und was zu tun ist, wenn Sie bereits Opfer von Hass im Netz geworden sind.

Was sind die häufigsten Motive für Hasspostings?
Christina Gabriel: Nach meiner Erfahrung handeln Täterinnen und Täter oft aus Langeweile und sind sich gar nicht bewusst, was sie da tun. Sie agieren aus einer ersten Emotion heraus und erkennen oft nicht die Grenze zwischen Spaß und Ernst. Vor allem sind sie sich häufig nicht im Klaren darüber, was ein solches Posting beim Opfer auslösen kann. Das heißt, es ist eher nicht der Normalfall, dass dahinter ein besonderer Plan steckt.

Hinweis

Hier geht es zum dazugehörigen Videoclip: Gegen Hass im Netz. Ab wann eine Äußerung im Internet als Hassposting bezeichnet werden kann und strafrechtlich relevant wird, erfahren Sie hier: „Hasspostings im Internet – was sagt das Gesetz?

Welche präventiven Maßnahmen können Userinnen und User gegen Hasspostings setzen?
Gabriel: Solange man sich in sozialen Medien aufhält und etwas postet, was ja auch dazugehört, ist es schwierig, einen hundertprozentigen Schutz zu erreichen. Aber es gibt ein paar Tipps, die erfahrungsgemäß helfen können:

Wichtig ist, zuerst denken bevor man die Enter-Taste drückt, denn Aussagen können missverstanden werden oder andere vor den Kopf stoßen. Auch sollte man, wenn man eine Nachricht bekommen hat, die einen getroffen hat, nicht gleich aus der Emotion heraus antworten, sondern ein bisschen Zeit vergehen lassen.

Der nächste wichtige Aspekt sind die Privatsphäre-Einstellungen in sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder TikTok. Diese sollte man möglichst restriktiv halten. Userinnen und User sollten sich auf jeden Fall überlegen, welchen Personengruppen sie welche Inhalte zugänglich machen. Rein präventiv sollte man möglichst wenige persönliche Daten preisgeben.

Hinweis

Einen Überblick über österreichweite Präventionsprogramme gegen Hass und Gewalt für Jugendliche finden Sie hier

Was kann man tun, wenn man Opfer eines Hasspostings geworden ist?
Gabriel: Der allererste Schritt ist die Beweissicherung, am besten in Form eines Screenshots, auf dem der ganze Bildschirm abgebildet ist, damit auch das Datum und die Internetadresse sowie der Kontext der Aussage ersichtlich sind. Danach sollte man den Vorfall unbedingt der jeweiligen Social-Media-Plattform melden und eine Löschung beantragen. In den meisten Sozialen Netzwerken hat man zudem die Möglichkeit andere Nutzerinnen und Nutzer zu blockieren.

Die Strategie der Gegenrede („Counterspeech“) kann ebenfalls helfen: Da geht es weniger darum, dass man die Verfasserin beziehungsweise den Verfasser in seiner Meinung umzustimmen versucht, als vielmehr darum, dem Ganzen keinen Raum zu geben und mit sachlichen Argumenten oder auch humoristisch, etwa mit lustigen Bildern, zu reagieren. So wird gezeigt, dass man sich nicht alles gefallen lässt, aber gleichzeitig muss man sehr aufpassen, dass man sachlich bleibt und nicht selbst aus der Emotion heraus diskriminiert. Dazu gibt es schon vorgefertigte Texte, Bilder und Videos, mit denen man auf Hasspostings reagieren kann.

Tipp

Musterbeispiele für die kreative Gegenrede finden Sie auf der Website von Saferinternet.at und auf Schnellerkonter.at

Wenn diese Strategien nicht fruchten oder es sich bei den Inhalten um strafrechtliche Sachverhalte handelt, kann auch eine Anzeige bei der Polizei erstattet werden. Vor allem sollten sich Betroffene nicht genieren und sich denken, warum gerade ich? Das kommt leider sehr häufig vor. Wichtig ist, nicht alles in sich hineinzufressen, sondern mit Freundinnen und Freunden darüber zu sprechen beziehungsweise professionelle Hilfe und Unterstützung zu suchen.

Die Kriminalprävention organisiert auch Veranstaltungen zum Thema Hass im Netz, sowohl für Erwachsene als auch für Jugendliche. Da bieten wir von kurzen Präsentationen über längere Vorträge bis zu interaktiven Webinaren alles an. Für Jugendliche haben wir ein spezielles Programm, das heißt „Click & Check“. Dabei geht es schwerpunktmäßig um Gefahren in sozialen Medien.

Hinweis

Click & Check“ ist ein Gewaltpräventionsprogramm der Polizei. Speziell ausgebildete Polizistinnen und Polizisten bieten dabei interaktive Workshops zu den Gefahren im Netz mit Kindern und Jugendlichen.

Was können Betroffene unternehmen, wenn ein verletzendes Posting nicht gelöscht wird?
Gabriel: Auf jeden Fall zunächst einen Screenshot zur Beweissicherung machen. Unterstützung kann man sich auch bei ZARA oder der Internet Ombudsstelle holen, wenn die Plattform das Posting nicht löscht. Diese Stellen können für ein zügigeres Verfahren sorgen. Die meisten Internetplattformen haben sich dazu verpflichtet, Hasspostings innerhalb von 24 Stunden zu löschen. Wenn die Rechtswidrigkeit eines Postings detaillierter geprüft werden muss, dann darf es bis zu sieben Tage dauern.

Wie können Eltern ihre Kinder am besten schützen?
Gabriel: Indem sie die Kinder ernst nehmen, keinesfalls Vorwürfe machen und sofort reagieren – vor allem dann, wenn ein Kind sagt, irgendwas sei nicht in Ordnung. Kinder haben nämlich ein sehr gutes Bauchgefühl.  Erziehungsberechtigte sollten sich von den Kindern die Nachrichten zeigen lassen und mit ihnen gemeinsam überlegen, was die nächsten Schritte sind: Wo bekommen wir Hilfe, was können wir machen? Dazu müssen die Erwachsenen ihre Unterstützung anbieten und auch wirklich zuhören, wenn Kinder ihr Problem mitteilen.

Hinweis

Lesen Sie für weiterführende Informationen auch den Beitrag „Cybermobbing im schulischen Umfeld: So schützen Sie Ihre Kinder vor Hass im Netz“.

Was hat sich durch das Gesetzespaket gegen Hass im Netz verbessert?
Gabriel: Es hat Verbesserungen im Hinblick auf die Schnelligkeit von Löschverfahren gebracht, da die Plattformbetreiber mehr in die Pflicht genommen wurden und ihnen höhere Strafen drohen. Auch die gerichtlichen Verfahren wurden beschleunigt. Einige Delikte fallen jetzt nicht mehr unter die Privatanklage, sondern gelten als Ermächtigungsdelikte. Das heißt, dass Betroffene kein Risiko mehr haben, auf den Prozesskosten sitzen zu bleiben. Vor allem ist das Gesetzespaket auch eine wichtige Botschaft an die Täterinnen und Täter, dass es sich bei Hass im Netz nicht um ein Kavaliersdelikt handelt, sondern Hasspostings sich massiv auf die Opfer auswirken können. Das reicht bis hin zu posttraumatischen Belastungsstörungen.

Wo gibt es aus Ihrer Sicht noch Verbesserungsbedarf?
Gabriel: Es könnte noch mehr das Leid der Betroffenen und dabei die Frage, wie ihnen geholfen werden kann, im Fokus stehen. Außerdem ist hier der Informationsfluss enorm wichtig, weil viele Betroffene überhaupt nicht wissen, was sie machen können. Das heißt mehr Bewusstseinsarbeit, auch im Hinblick auf die Auswirkungen, weil viele noch glauben, dass das Verschicken solcher Nachrichten keine Konsequenzen hat. Besonders Jugendlichen fällt es oft schwer, das richtig einzuschätzen. Darum empfehle ich noch mehr Bewusstseinsbildung in der Schule. Wir beobachten häufig, dass Kinder und Jugendliche, die im realen Leben Mobbingopfer sind, im Internet zu Täterinnen und Tätern werden und sich aufgrund einer erfahrenen Kränkung dann an anderen abreagieren oder rächen.

Tipp

Wenn Sie oder Ihre Kinder von Hasskommentaren betroffen sind, finden Sie professionelle Hilfe etwa bei diesen Beratungsstellen:

Letzte Aktualisierung: 28. Februar 2023

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria