Vorsicht bei Kinderfotos auf Facebook, Instagram und Co.

Wenn Eltern Fotos ihrer Kinder in den Sozialen Medien posten, sollten sie besonders auf die Privatsphäre achten. Sonst lauern unangenehme Konsequenzen bis hin zu Missbrauch.

Kind sitzt vor dem Laptop und hebt die Arme in die Höhe.
Will man Fotos seiner Kinder posten, sollte man die Privatsphäre-Einstellungen so eng wie möglich fassen. Foto Adobe Stock

Eigentlich sind es harmlose Bilder. Ein Mädchen läuft im Sommerkleid an der Hand der Mutter über die Straße. Ein anderes zeigt sein selbst gemaltes Bild in die Kamera. Ein kleiner Bub hüpft auf seinem neuen Trampolin.

Wer in sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder Twitter unterwegs ist, dem werden solche Bilder immer wieder in die Timeline gespült. Was auf den ersten Blick recht nett anmutet – schließlich kann man so am Alltag anderer teilhaben – kann für die dargestellten Kinder sehr unangenehm und im schlimmsten Fall sogar gefährlich werden. Denn aus dem Kontext gerissen oder missbräuchlich verwendet sind diese Bilder gar nicht mehr so harmlos.

So hat zum Beispiel eine großangelegte Recherche des ARD-Politikmagazins Panorama und der Sendung STRG_F von NDR/funk erst heuer ergeben, dass auch Alltagsbilder wie die oben beschriebenen von Pädokriminellen aus privaten Social Media Profilen gesaugt werden. Die Bilder tauchen dann auf einschlägigen Seiten oder in Foren auf, wo sie obszön kommentiert oder sonst in einen Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch gestellt werden.

Selbst wenn dieses Worst Case Szenario nicht eintritt, sollten sich Erwachsene, die Bilder von Kindern posten wollen, doch der möglichen Folgen bewusst sein, berichten Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin der Initiative Saferinternet.at, und Medienanwalt Peter Zöchbauer.

Cybermobbing

Eltern, die viele Fotos ihrer Kinder in Alltagssituationen und vermeintlich niedlichen Posen (am Töpfchen, in der Windel schlafend, mit von Spaghettisauce verschmiertem Gesicht) posten, müssen sich bewusst sein, dass diese Bilder den Kindern in der Pubertät Nachteile bringen können. „Wenn man mitten in einem Abnabelungsprozess steckt und dann solche Fotos überall abrufbar sind, ist das eine Grundlage für Cybermobbing“, sagt Buchegger. Die Jugendlichen seien dann „allem Spott und Hohn der Gleichaltrigen ausgesetzt“. Deutlich wird dies auch durch das Instagram-Projekt #deinkindauchnicht der deutschen Influencerin Toya Diebel. Sie zeigte Fotos Erwachsener – unter anderem des Schauspielers Wilson Gonzalez Ochsenknecht – auf dem Töpfchen sitzend, weinend oder schlafend mit Essenresten im Gesicht. Würden Erwachsene solche Bilder von sich posten? Nein, sagt Diebel – und die Kinder sicherlich auch nicht. Dieses Bedürfnis dürften die Eltern nicht ignorieren.

Verletzung der Persönlichkeitsrechte

Um die Persönlichkeitsrechte der Kinder zu verletzen, müssen die Fotos entgegen der weit verbreiteten Meinung gar nicht peinlich oder herabwürdigend sein, wie der Medienanwalt Peter Zöchbauer erläutert. „Es gibt einen sehr umfassenden Schutz des Privat- und Familienlebens“, sagt er. Davon seien alle Handlungen privater Natur umfasst, „das Veröffentlichen und Verbreiten derartiger Fotos durch Eltern ist grundsätzlich unzulässig“. Wie generell bei Bildaufnahmen ist eine Veröffentlichung nur mit der Einwilligung des oder der Abgebildeten möglich, Kinder können diese Einwilligung aber erst dann geben, wenn sie einsichtsfähig sind.

Aber ab wann ist ein Kind alt genug, um die Konsequenzen der Veröffentlichung zu verstehen? Hier kann man laut Zöchbauer keine starre Grenze ziehen, er geht aber davon aus, dass die Kinder zumindest dem Volksschulalter entwachsen sein müssen. Dass Kinder ihre Persönlichkeitsrechte gegenüber den Eltern durchsetzen, kommt aber trotzdem so gut wie nie vor, da die Obsorge und damit die Möglichkeit, im Namen der Kinder zu klagen, ja zumeist ebenfalls bei den Eltern liegt.

Dennoch rät Buchegger dazu, die Rechte der Kinder zu wahren und vor der Verbreitung der Fotos ihr Einverständnis einzuholen. Denn Kinder, auf die ständig Handykameras gerichtet werden, posieren fast schon reflexartig für Bilder. Dadurch können sie aber später das Recht am eigenen Bild gar nicht mehr durchsetzen, weil sie dafür kein Problembewusstsein haben. Es „geht um den Erziehungseffekt“, sagt Buchegger. Die Mädchen und Buben sollen in die Lage versetzt werden, ihre eigenen Persönlichkeitsrechte wahrzunehmen.

Missbrauch der Bilder

Will man trotz allem Fotos seiner Kinder posten, sollte man zumindest die Privatsphäre-Einstellungen so eng wie möglich fassen. Denn Fotos, die über Suchmaschinen für alle auffindbar und allgemein verfügbar sind, können rasch in einem anderen Kontext auftauchen. Neben den erwähnten Pornoseiten können solche Fotos auch von Werbefirmen genutzt oder durch künstliche Intelligenz in andere Zusammenhänge gebracht werden. Es gibt weder rechtliche noch technische Möglichkeiten, Fotos, die einmal im Netz gelandet sind, wieder zurückzuholen.

Auch sind Persönlichkeits- und Urheberrechte grenzüberschreitend oft schwerer durchsetzbar. Je mehr Bilder im Internet verfügbar sind, desto einfacher ist eine missbräuchliche Verwendung. Noch vor einigen Jahren sei künstliche Intelligenz etwa noch nicht in der Lage gewesen, Deep Fakes von Kindern zu erstellen, weil sich diese noch zu stark verändern, so Buchegger. In ein paar Jahren „wird die Gesichtserkennung aber vielleicht so gut sein, dass sie Kinder erkennen kann“, sagt die Expertin. Die Schauspielerin Emma Watson etwa sei ein beliebtes „Modell“ für Deep Fake-Pornofilme, weil durch ihre Auftritte in „Harry Potter“ unzählige Fotos von ihr seit dem Kindesalter im Internet kursieren.

Grundsätzlich rät Buchegger daher zu größter Vorsicht bei der Verbreitung von Kinderfotos. Am sichersten sei es, die Fotos nur lokal zu speichern, also weder in den Sozialen Medien noch in der Cloud. Allerdings müssten gerade in der Pandemie die Interessen abgewogen werden: Verwandte und Kinder sollten die Möglichkeit haben, einander auszutauschen und Fotos hin und her zu schicken.

Folgende Richtlinien sollen beachtet werden:

  • Fotos nur in privaten Gruppen auf Messenger-Diensten wie Whatsapp oder Signal teilen. Das ist laut Medienanwalt Peter Zöchbauer auch rechtlich kein Problem.
  • Regeln für private Gruppen festlegen: Niemand darf die Fotos teilen, posten oder als Profilbild verwenden.
  • Wenn Kinderfotos doch in den eigenen Social-Media-Profilen geteilt werden: Nur Fotos posten, auf denen die Gesichter nicht erkennbar sind, zum Beispiel von hinten oder nur die Hände oder die Füße abbilden. Gesichter mit Smileys oder ähnlichem abzudecken, ist nicht ideal, da diese theoretisch wieder entfernt werden können.
  • Keine Nacktbilder, Strand-, oder sonstigen Fotos, die dem Kind später peinlich sein könnten, posten oder teilen.
  • Kinder um Erlaubnis bitten und sie auf die Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte hinweisen.

Und schließlich rät Barbara Buchegger noch dazu, „echte“ Fotoalben anzulegen. Denn Festplatten können kaputtgehen, Laptops durch Schadsoftware zerstört werden, die Kinder müssen dann ohne Erinnerungsfotos auskommen. Und die Eltern ohne peinliche Aufnahmen für die Hochzeitsfeier.

Letzte Aktualisierung: 27. Juli 2021

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria