Beleidigende Postings, böse Kommentare: Wofür man auf Social Media haftet  

Verhetzung, Beleidigung und Urheberrechtsverletzungen sind Beispiele für Rechtsverstöße, die auf Social-Media-Plattformen problematisch werden können. So schützen sich Nutzerinnen und Nutzer.

Laptop mit Richterhammer
Wer haftet für Kommentare auf Social Media? Experte Karl Gladt gibt Tipps. Foto Adobe Stock

Auf Social-Media-Plattformen kann man sich mit Freunden und Familien austauschen – oftmals landen jedoch auch Beleidigungen oder andere problematische Inhalte in den Kommentarspalten von Facebook und Co. Wann können Userinnen und User rechtlich belangt werden? Und wer haftet für die Untergriffe? Diese Themen sorgen bei den Nutzerinnen und Nutzern für Verunsicherung. Karl Gladt ist bei der Internet Ombudsstelle für Schlichtung und rechtliche Fragen zuständig und beantwortet die wichtigsten Fragen.  

Wer ist für rechtswidrige Inhalte beziehungsweise deren Löschung auf sozialen Netzwerken verantwortlich?  
Karl Gladt: In erster Linie ist der Ersteller des rechtswidrigen Inhalts für den Inhalt verantwortlich. Den Plattformbetreiber kann dann eine Verantwortung treffen, wenn er Kenntnis vom Inhalt erhält. Als Plattformbetreiber gilt in erster Linie die Firma oder Person, welche die technische Infrastruktur zur Verfügung stellt, also etwa Facebook, Instagram oder Twitter.  Andere Benutzerinnen und Benutzer können dann (mit)verantwortlich sein, wenn die Gesetzesverletzung innerhalb eines von ihnen administrierten Bereichs auftritt. Das ist beispielsweise bei Facebook-Seiten oder -Gruppen der Fall, eventuell auch bei Kommentarspalten unter selbst veröffentlichten Inhalten. 

Tipp

Wann müssen gesetzeswidrige Inhalte gelöscht werden?
Inhalte müssen dann gelöscht werden, wenn der Plattformbetreiber oder Administrator Kenntnis von dem Gesetzesverstoß erhält und der Gesetzesverstoß offensichtlich ist.  

Wie wird im Ernstfall der Nachweis darüber erbracht, wann die Verständigung über einen möglichen Gesetzesverstoß erfolgt ist? 
Gladt: Das wurde für die Social-Media-Netzwerke mit dem Kommunikationsplattformengesetz geregelt, in dem unter anderem die Bereitstellung effizienter Meldemöglichkeiten vorgeschrieben ist. Meldungen müssen mit der Adresse (URL) des problematischen Inhalts versehen sein, die Plattform entscheidet dann, ob tatsächlich ein Gesetzesverstoß vorliegt. Wer innerhalb dieser Plattform eine Unterseite zur Verfügung stellt, also beispielsweise eine Facebook-Gruppe oder -Seite, ist ebenfalls zum Handeln verpflichtet, wenn eine Meldung direkt erfolgt. Das kommt aber in der Praxis sehr selten vor.  

Tipp

Das „Hass im Netz“-Kommunikationsplattformen-Gesetzespaket ist seit 1. Jänner 2021 in Kraft und schreibt Plattformen die Schaffung klarer Verantwortlichkeiten und die Bereitstellung von effizienten Meldemechanismen vor. Die Meldungen müssen geprüft und strafrechtswidrige Inhalte unverzüglich gelöscht werden. Eine Einspruchsmöglichkeit sowie eine Berichtspflicht der Plattformen über den Umgang mit eingegangenen Beschwerden sind ebenfalls enthalten.  

Welche Strafen drohen, wenn jemand zum Beispiel eine Facebookseite betreibt und einen angemahnten Inhalt nicht löscht, weil er ihn falsch eingeschätzt hat? 
Gladt: Grundsätzlich will man den Täter erwischen und bestrafen, nicht den Plattformbetreiber oder eventuelle dritte Personen. Aus dem Strafrecht ist mir kein Fall bekannt, in dem eine solche Klage erfolgt ist.  
Zivilrechtliche Klagen können hingegen vorkommen, wenn man einem berechtigten Löschbegehren nicht nachkommt. Häufige Beispiele dafür sind Verleumdung oder üble Nachrede. Der Streitwert kann empfindlich hoch sein. Die Verfahrenskosten können mehrere tausend Euro betragen.  

Wie kann ich feststellen, ob eine Äußerung den Tatbestand der Verhetzung erfüllt? 
Gladt: Verhetzung ist relativ leicht zu erkennen und wird innerhalb der Hass-im-Netz-Delikte am häufigsten auch strafrechtlich verfolgt. Wenn ich einer Gruppe oder einer Person aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gruppe das Menschsein abspreche oder ihre Menschenwürde angreife, also ausdrücke, dass ich sie nicht als gleichwertig erachte, dann ist das Verhetzung. Wer sich in der Form äußert, dem ist auch meist bewusst, dass seine Äußerungen nicht in Ordnung sind. Vielen ist aber nicht bewusst, dass solche Äußerungen mit hohen Strafen belegt sind.  

Woran erkenne ich, ob eine Äußerung beleidigend ist?
Gladt: Beleidigung ist zwar auch strafrechtlich verankert, muss aber mittels einer Privatklage verfolgt werden. Hier ist die Grenze schwieriger zu ziehen, denn das Gericht wird im Klagsfall erwägen, was noch als milieubedingte Unmutsäußerung durchgeht, und was tatsächlich als Beleidigung gilt. Beleidigungsklagen kommen in der Praxis meist zwischen Politikern vor, Privatmenschen klagen selten aus diesem Grund.  

Wie kann ein Seitenbetreiber entscheiden, ob eine Beschwerde über Verleumdung, üble Nachrede oder Cybermobbing gerechtfertigt ist? 
Gladt: Diese Entscheidung kann in der Tat schwierig sein, weil der Seitenbetreiber ja meist ein unbeteiligter Dritter ist. In den meisten Fällen wird der unmittelbare Täter belangt. Im Fall einer Kreditschädigung wird der Nutzer dann zur Löschung seiner Äußerung aufgefordert. Dies insbesondere dann, wenn die betroffene Person wirtschaftliche Nachteile zu befürchten hat. Das ist häufig bei Bewertungsplattformen der Fall, kommt aber natürlich auch auf Social-Media-Plattformen vor. Cybermobbing kommt generell selten vor Gericht, obwohl es seit 2016 ein Straftatbestand ist.  

Worauf muss ich bei der Veröffentlichung von Fotos und anderen fremden Inhalten achten? 
Gladt: Es kommt leider häufig vor, dass Userinnen und User nicht wissen, dass das Urheberrecht auch in den sozialen Medien zu beachten ist. Grundsätzlich gilt, dass das „Teilen“ von Inhalten über die von der jeweiligen Plattform zur Verfügung gestellten Mechanismen unproblematisch ist. Lade ich hingegen ein Bild oder eine Datei selbst hoch, muss ich über die entsprechenden Rechte verfügen. Hat man die nicht, kann es zu einer Abmahnung kommen. Dabei geht es um Unterlassung, um Schadenersatz für die Verwendung des jeweiligen Inhalts und um die Anwaltskosten. Es ist aber durchaus üblich, über die zu zahlende Summe zu verhandeln, denn der Rechteinhaber hat meist kein Interesse daran, vor Gericht zu gehen, weil er dann die Beweisführung auch über die angestrebte Summe übernehmen müsste.  

Muss ich ein Bild löschen, wenn eine darauf abgebildete Person das verlangt? 
Gladt: Darauf gibt es keine pauschale Antwort, denn wenn eine solche Angelegenheit als zivilrechtlicher Rechtsstreit vor Gericht kommt, ist es eine Interessensabwägung: Die Interessen der abgebildeten Person werden mit den Interessen der publizierenden Person abgewogen. Berechtigtes Interesse am Publizieren kann unter anderem dokumentarischer, touristischer oder journalistischer Natur sein. Berechtigtes Interesse, ein Bild zu löschen, besteht dann, wenn jemand bloßgestellt oder herabgewürdigt wird, oder wenn die Person durch die Veröffentlichung des Bildes sonstige Nachteile zu befürchten hätte. Dabei spielt auch Datenschutz eine Rolle, weil man nicht unbedingt in Kauf nehmen muss, dass eine Momentaufnahme für alle Ewigkeit abrufbar bleibt. Deshalb wird von Fall zu Fall entschieden, wessen Interessen schwerer wiegen.  

Die häufigsten Rechtsverletzungen auf Social-Media-Plattformen:  

  • Verhetzung: Unter Verhetzung versteht man öffentliche Äußerungen, die sich gegen bestimmte Personengruppen richten, unter anderem nach Religion, Staatsangehörigkeit, Ethnie, Alter oder Geschlecht. 
  • Beleidigung: Der Tatbestand der Beleidigung ist dann erfüllt, wenn eine andere Person vor mehreren Leuten oder öffentlich beschimpft oder verspottet wird oder ihr eine körperliche Misshandlung angedroht wird. 
  • Cybermobbing: Im Gesetzbuch als „Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems“ definiert, ist es strafbar, ein Computersystem über einen längeren Zeitraum in einer Weise zu verwenden, die geeignet ist, eine Person in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen. Die strafbare Handlung muss dabei für eine größere Zahl von Menschen für eine längere Zeit wahrnehmbar sein. 
  • Verleumdung: Wer eine andere Person unrichtigerweise einer Straftat bezichtigt und diese dadurch der Gefahr der Verfolgung aussetzt, begeht den Tatbestand der Verleumdung. 
  • Üble Nachrede: Das Unterstellen einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung (z.B. Faschismus, Rechtsextremismus) oder eines Verhaltens gegen die guten Sitten fällt unter „üble Nachrede“. Strafbar ist die üble Nachrede nur dann, wenn sie in einer für eine dritte Person wahrnehmbaren Weise geschieht. Kann die Richtigkeit der Behauptung bewiesen werden, ist die Handlung nicht strafbar. 
  • Verletzung des Urheberrechts: Bilder, Texte, Videos oder Audiodateien unterliegen dem Urheberrecht, das heißt, die Urheberin oder der Urheber müssen einer (Weiter-)Veröffentlichung jedenfalls zustimmen. Das gilt auch dann, wenn die Inhalte bereits im Internet verfügbar sind - außer es handelt sich um als solche gekennzeichnete gemeinfreie Inhalte (z.B. Werke, die unter einer „Creative Commons“-Lizenz oder als „Public Domain“ bereitgestellt sind). 
  • Das Recht am eigenen Bild: Das Recht am eigenen Bild ist ein Persönlichkeitsrecht. Es besteht darin, dass Bilder von Personen nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden dürfen, wenn dadurch berechtigte Interessen von abgebildeten Personen oder deren nahe Angehörige verletzt würden. 
Letzte Aktualisierung: 23. Februar 2022

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria