Online-Shopping: Fake Bewertungen erkennen
Produktbewertungen in Online-Shops beeinflussen Kaufentscheidungen maßgeblich. Jedoch sind echte Kundenmeinungen nicht immer offensichtlich von Fake-Bewertungen unterscheidbar. Wie Sie falsche Rezensionen erkennen, verrät Experte Thorsten Behrens im Interview.
Zweifelsohne war der Onlinehandel einer der Haupt-Profiteure der Corona-Pandemie. Jedoch ließ sich bereits vor der Gesundheitskrise auch in Österreich ein deutlicher Trend zum Distanzhandel erkennen. Da Kundinnen und Kunden im Internet jedoch bei vielen Faktoren wie etwa der Haptik eines Produkts auf Fotos vertrauen müssen, haben Produktbewertungen zunehmend einen entscheidenden Einfluss auf das Kaufverhalten. Laut einer Studie des deutschen Digitalverbandes Bitkom ziehen 56 Prozent der Online-Shopper Produktbewertungen als Entscheidungshilfe heran. Diese Tatsache machen sich Anbieterinnen und Anbieter diverser Branchen zu Nutze und helfen mit gefälschten Rezensionen nach, um ihre Waren, Dienstleistungen oder auch Hotels besser am Online-Markt positionieren zu können. „Viele positive Bewertungen werden erstellt, um potenzielle Käuferinnen und Käufer von dem Produkt zu überzeugen und sie zum Kaufen zu bewegen – auch wenn die Ware vielleicht am Ende nicht das hält, was sie verspricht“, weiß Thorsten Behrens, Geschäftsführer des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens und Projektleiter von Watchlist Internet. Im Interview erklärt der Experte, wo solche Fake-Bewertungen zu finden sind und wie man sie von seriösen Beiträgen unterscheidet.
Wer sind die Verfasserinnen oder Verfasser solcher Fake-Bewertungen? Welche strafrechtlichen Probleme können auf sie und ihre Auftraggeberinnen und Auftraggeber zukommen?
Thorsten Behrens: Wenn es um Produkte geht, sind es oft diejenigen, die verkaufen wollen, also entweder die Hersteller selbst oder die Händler, die Fake-Bewertungen verfassen. Und das passiert häufig bei qualitativ minderwertigen Produkten, Markenfälschungen und Ähnlichem. Genauso ist es auch bei Fake Shops, bei denen man etwa bestellt, bezahlt, aber nichts bekommt.
Welche rechtlichen Konsequenzen die Verfasserin oder Verfasser beziehungsweise die Auftraggeberin oder der Auftraggeber von gefälschten Rezensionen tragen müssen, ist schwer zu sagen. Dazu müsste man sie erst einmal finden und ihnen die Tat nachweisen können. Im Internet ist das immer sehr schwierig, da solche Fake-Bewertungen anonymisiert und international erstellt werden. Grundsätzlich gilt: Wer selbst seriöse Bewertungen schreiben will, sollte sich immer an die objektiven Fakten halten. Durch Unterstellungen könnten Verfasserinnen und Verfasser etwa aufgrund von Verleumdung rechtliche Probleme bekommen.
Hinweis
Viele Agenturen erkannten im Schreiben von falschen positiven Bewertungen ein Geschäftsfeld – wenn auch kein legales. Abgesehen von rechtlichen Problemen können solche manipulierten Rezensionen zudem einen massiven Image-Schaden für ihr Unternehmen nach sich ziehen. Generell wird häufig zwischen Fake-Bewertungen, bei denen sich Agenturen als reale und neutrale Kundinnen und Kunden ausgeben, und Bewertungen, die durch Anreize wie Rabatte generiert werden, unterschieden. Auch durch Gegenleistungen erbrachte positive Bewertungen gelten jedoch als nicht rechtmäßige Schleichwerbung. Im Gegensatz dazu nutzen Geschäftstreibende immer öfter auch gekaufte, negative Fake-Bewertungs-Kampagnen, um ihrer Konkurrenz zu schaden. Dieses wettbewerbswidrige Verhalten ist ebenso unzulässig.
Wo finden sich falsche Bewertungen hauptsächlich? Gibt es Online-Shops, die häufig durch Fake Bewertungen negativ auffallen?
Behrens: Ich denke, damit haben alle Marktplätze, vor allem aber die, die viel mit asiatischen Anbieterinnen und Anbietern arbeiten, ein großes Problem. Die Marktplatz-Betreiberinnen und -Betreiber müssen sehr genau hinschauen, um Fake-Bewertungen erkennen und löschen zu können. Allerdings funktioniert das nie zu 100 Prozent.
Wenn es aber darum geht, dass ganze Websites oder Webshops bewertet werden, dann gibt es auch völlig freie Rezensionen auf Plattformen, die nicht in der direkten Kooperation mit einer Händlerin oder einem Händler stehen und auf denen man sich nicht registrieren muss, um seine Meinung abzugeben. Solche Plattformen sind besonders von Fake-Bewertungen betroffen. Im Gegensatz dazu haben Bewertungsplattformen, die einen Vertrag mit Händlerinnen und Händlern eingehen und auch auf der Website eingebunden werden können, seltener ein Problem damit.
Auch der Zusatzkennzeichnung von Bewertungen als „Verifizierter Kauf“ können Kundinnen und Kunden leider nicht immer vertrauen. Diesen Kauf hat es zwar tatsächlich gegeben, allerdings können Händlerinnen und Händler ihn natürlich auch selbst getätigt oder jemanden dazu beauftragt haben. Wer also eingekauft und bewertet hat, verrät der Zusatz nicht. Es könnte auch sein, dass gesagt wurde, „Kauf das Produkt auf dieser Plattform. Schreib dazu etwas Positives und du darfst es kostenlos behalten und kriegst sogar noch Geld für deine Bewertung.“
Hinweis
Schätzungen zufolge sollen rund 20 Prozent aller Kundenbewertungen in Online-Shops falsch sein, auf Amazon waren es laut dem US-amerikanischen Analyseportal Fakespot Ende vergangenen Jahres 2020 sogar 42 Prozent. Um die Authentizität seiner Kundenbewertungen in Zukunft sicherzustellen, geht der Online-Marktplatz deshalb laufend in gerichtlichen Verfahren gegen die Akteure vor.
Wie lassen sich Fake Bewertungen erkennen? Anhand welcher Merkmale können Internetnutzerinnen und -nutzer sie entlarven?
Behrens: Grundsätzlich wäre ich bei allen Bewertungen skeptisch, die unter jedes Produkt oder zu jedem Online-Shop passen würden. Also beispielsweise „Alles perfekt. Ich bin total zufrieden.“ Fake Bewertungen gehen eigentlich nie auf irgendwelche speziellen Merkmale des Produkts oder der Dienstleistung ein, sondern sind immer sehr allgemein geschrieben.
Ich würde mir überlegen, was mir als Käuferin oder Käufer wichtig ist. Wenn ich etwa einen Staubsauger kaufen will, der besonders leise sein soll, schaue ich die verschiedenen Bewertungen durch, ob eine ehemalige Kundin oder ein ehemaliger Kunde etwas zur Lautstärke geschrieben hat. Solche Inhalte sind nicht nur viel aussagekräftiger als die Masse an Bewertungen, so bekommt man außerdem eine Art Testbericht von den Nutzerinnen und Nutzern, die das Produkt auch wirklich bestellt und verwendet haben.
Außerdem: Egal ob bei einem Produkt oder einem Online-Shop, wenn sehr viele positive, sehr kurz gehaltene Bewertungen in einem sehr kurzen Zeitraum entstanden sind, sollten die Alarmglocken klingeln. Meist finden sich darunter vereinzelt auch immer wieder negative Bewertungen. Das zeigt sich bei Fake Bewertungen sehr deutlich: Alles Positive ist sehr kompakt auf einen Zeitraum begrenzt und die negativen Kommentare verteilen sich über einen längeren Zeitraum.
Wie lassen sich im Gegenzug seriöse Bewertungen und verifizierte Käufe erkennen?
Behrens: Seriöse Bewertungen gehen viel deutlicher auf das Produkt oder auf den Online-Shop ein. Je mehr Bewertungen es außerdem zu einem Produkt oder einem Online-Shop gibt, desto eher ist die Gesamtnote aussagekräftig für potenzielle Kundinnen und Kunden. Es ist ein Hinweis auf Produkte, die einen zweiten Blick wert sind. Dann muss man sich natürlich wieder die Bewertungen durchlesen.
Gibt es ähnliche Bemühungen wie mit dem Fake Shop Detektor, um auch die Problematik von Fake-Bewertungen im Internet künftig einzudämmen?
Behrens: Bewertungs-Plattformen haben immer ein Interesse daran, Fake-Rezensionen zu erkennen und zu löschen. Der Fake Shop Detektor vergleicht Ähnlichkeiten von seriösen zu unseriösen Shops. Da die Muster von solchen Shops doch immer wieder gleich sind, lernt das Machine Learning relativ einfach und selbstständig. Fake-Bewertungen sind viel vielschichtiger und können von künstlicher Intelligenz weniger leicht gelesen werden. Menschen können das besser einschätzen. Es gibt allerdings ein Forschungsprojekt von der Uni Graz in diese Richtung. Das steht allerdings noch ganz am Anfang und wir wissen noch nicht, wo das hingehen und welche Qualität es haben wird.
Hinweis
Es gibt bereits einige Versuche von kostenlosen Applikationen und Websites wie Fakespot oder ReviewMeta die Kundenbewertungen auf Online-Shops und Marktplätzen – vornehmlich von Amazon und Ebay – zu analysieren und mittels eines Algorithmus gefakte Rezensionen herauszufiltern. Nach einem Rechtsstreit zwischen Amazon, die eine geschäftsschädigende Wirkung und ein Sicherheitsrisiko witterten, und Fakespot wurde die App jedoch zeitweilig von Apple aus dem App Store entfernt. Eine neue Version ist mittlerweile wieder für den Download bereit.
Um gegen gefakte Bewertungen vorzugehen, können auch Sie als Kundin und Kunde Ihren Beitrag leisten. In erster Linie sollten Sie als Konsumentin oder Konsument bei Ihren Produkt-, Hotel-, Restaurant- oder sonstigen Bewertungen immer bei der Wahrheit bleiben und keine unseriösen, monetären Anreize annehmen. Rezensionen, die Ihnen dubios vorkommen, können auf den meisten Online-Marktplätzen außerdem als Missbrauch gemeldet werden.
Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria