Kryptowährungen: Wie sicher ist es, mit Bitcoin & Co. zu bezahlen?

Kryptowährungen könnten sich in Zukunft als neues Zahlungsmittel im Alltag etablieren. Experte Bernhard Haslhofer ist allerdings skeptisch und verrät, welche Grenzen und Sicherheitsrisiken das digitale Geld mit sich bringt.

Bitcoin Münze liegt zwischen Smartphone und Schlüsselbund
Wie sicher sind Kryptos? Foto AdobeStock

Kryptowährungen sind der breiten Bevölkerung in erster Linie durch erhebliche Wertsteigerungen bekannt. So kletterte die wohl bekannteste Kryptowährung Bitcoin innerhalb eines Jahrzehnts von ein paar Cent auf den historischen Höchstwert von fast 69.000 US-Dollar im November des Jahres 2021. Inzwischen kündigen immer mehr Unternehmen und Finanzdienstleister an, Kryptowährungen auch im alltäglichen Zahlungsverkehr zu akzeptieren. Doch wem nützt das? Wie bezahlen Privatpersonen mit Kryptowährungen? Und vor allem: Wie sicher sind diese Transaktionen?

Auf diese Fragen gibt Wissenschaftler Dr. Bernhard Haslhofer im Interview Antwort. Er ist Experte für Data Science & Artificial Intelligence am Austrian Institute of Technology (AIT) und beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit Kryptowährungen. Sein besonderes Interesse gilt neuen, hochkomplexen Krypto-Finanzprodukten.

Kryptowährungen sind bisher vor allem als Spekulationsobjekte bekannt. Kommen sie jetzt als allgemeines Zahlungsmittel?
Bernhard Haslhofer: Als Wissenschaftler spreche ich lieber von digitalen Werten statt von Kryptowährungen. Denn eine Währung ist immer mit bestimmten Funktionen verbunden. Zum Beispiel mit Wertaufbewahrung, Wertmessung und vor allem Werttransfer. Mit Euro oder Dollar können Sie in einem Geschäft bezahlen. Das ist mit Kryptowährungen, so wie sie derzeit konzipiert sind, nicht praktikabel. Die Idee, dass jemand in einen Laden geht, etwas kauft und direkt mit Bitcoin bezahlt, ist nicht realistisch.

Warum ist das Bezahlen mit digitalen Werten derzeit nicht realistisch?
Haslhofer: Einer der Hauptgründe dafür ist, dass die Blockchain nicht effizient genug ist. Es würde ungefähr eine Stunde dauern, bis der Händler über die Blockchain verifizieren kann, dass eine Transaktion zulässig ist. Das ist einfach nicht praktikabel. Mit herkömmlichen Zahlungsinstrumenten geht das in Sekundenschnelle.

Hinweis

Kryptowährungen basieren auf der Blockchain-Technologie. Wie sie funktioniert, können Sie im Artikel „Überblick über die Blockchain-Technologie“ nachlesen.

Warum kündigen dann immer mehr Unternehmen an, Kryptowährungen als Zahlungsmittel zu akzeptieren? 
Haslhofer: Diese Unternehmen wollen sich als neue Intermediäre (Anm.: Vermittlungsinstanz bei Finanzen) etablieren. Schon heute bieten große Intermediäre wie Krypto-Börsen oder andere Finanzdienstleister Karten an, mit denen ähnlich wie mit einer klassischen Kreditkarte bezahlt werden kann. Der Intermediär übernimmt dabei den Umtausch zwischen Kryptowährung und klassischer Währung und auch das damit verbundene Risiko von Währungsschwankungen.

Welches Interesse haben Endkunden, mit Kryptogeld zu bezahlen?
Haslhofer: Es gibt inzwischen schon etliche Menschen, die Kryptogeld oder auch „Kryptos“ besitzen. Für die ist es natürlich praktisch, direkt damit bezahlen zu können, statt ihre Kryptos vorher in eine andere Währung umzuwechseln. Für Konsumentinnen und Konsumenten, die bisher noch nicht in Kryptowährungen investiert haben, sehe ich allerdings keinen echten Nutzen.

Was wird außer den Kryptos benötigt, um auf diese Weise bezahlen zu können?
Haslhofer: Kryptowährungen sind digitale Werte, die an ein Schlüsselpaar gebunden sind, das – einfach erklärt - aus einem privaten und einem öffentlichen Schlüssel besteht. Nur wer auch den privaten Schlüssel hat, kann auf den digitalen Wert zugreifen. Diese Schlüssel werden in so genannten Wallets (Anm.: digitale Geldbörse) verwaltet. Grundsätzlich gibt es dafür zwei Möglichkeiten. Die eine ist: Man hat ein eigenes Hardware- oder Software-Wallet und verwaltet die Schlüssel somit selbst. Das ist die sicherste Form der Verwaltung, sofern Userinnen und User gut auf ihre Schlüssel aufpassen. Die andere Form der Verwaltung besteht darin, seine Schlüssel der Krypto-Börse anzuvertrauen, bei der die Kryptowährung gekauft wurde.

Hinweis

Weitere Informationen über die verschiedenen Arten von Wallets und wie sie sicher benutzt werden, finden Sie hier: „Sichere Verwendung von Kryptowährungen“.

Welche Variante ist unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit vorzuziehen?
Haslhofer: Beides hat seine Vor- und Nachteile. Im Allgemeinen haben Krypto-Börsen gut ausgebildete Security-Teams, die sich um die Sicherheit kümmern. Es gab in der Vergangenheit aber auch schon zahlreiche Beispiele, bei denen die Security nicht gewährleistet war und Schlüssel gestohlen wurden. Wer hingegen selbst auf seine Schlüssel aufpasst und das auch richtig macht, dem kann eigentlich nicht viel passieren.

Falls man die Schlüssel verliert, ist das Geld dann unwiederbringlich fort?
Haslhofer: Ja, in den meisten Fällen ist das Geld dann weg. Und leider gibt es viele Möglichkeiten, wie Schlüssel verschwinden können. Zum Beispiel, wenn man versehentlich seine Festplatte formatiert oder sie einfach kaputt geht und man kein Backup gemacht hat. Oder wenn man ein Software-Wallet auf dem Smartphone hat und das Telefon verliert oder es gestohlen wird. Dann gibt es noch den Klassiker: Das Zugangspasswort zur Wallet wird vergessen. Diese Probleme haben Sie mit Krypto-Börsen nicht, allerdings müssen sie denen vertrauen können.

Woran erkennen Nutzerinnen und Nutzer vertrauenswürdige Krypto-Börsen?
Haslhofer: Das ist sehr schwer zu sagen. Grundsätzlich gibt es natürlich Rechtsräume, in denen sich Anbieter bewegen. Ich würde darauf achten, eine Börse in einem vertrauenswürdigen Rechtsraum zu wählen. Denn dort gibt es meist auch Institutionen wie etwa eine Finanzmarktaufsicht, die auf die Einhaltung sicherheitstechnischer und sonstiger Standards achtet. Das ist jedoch derzeit das Einzige, woran sich Verbraucherinnen und Verbraucher orientieren können.

Abgesehen vom Schutz der Schlüssel – wie sicher ist die Technologie der Kryptowährungen?
Haslhofer: Der Sicherheitsaspekt bei Kryptowährungen muss auf unterschiedlichen Ebenen betrachtet werden. Es gibt zum einen die Ebene der Blockchain, auf der unzählige Arten von Cyberangriffen bekannt sind, um das System zu kompromittieren. Wenn jemand zum Beispiel mindestens 51 Prozent der Miningpower (Anm.: spezialisierte Rechner, die Userinnen und User für die Blockchain zur Verfügung stellen) hätte, könnte diese Person oder Institution die Transaktionshistorie der Blockchain verändern. Das bedeutet, die Blockchain an sich ist problematisch. Aber auch bei den Wallets gab es in der Vergangenheit Probleme mit Security-Bugs, bei denen Nutzerinnen und Nutzer Geld verloren haben. 

Wie kann man sich als einzelne Anwenderin oder einzelner Anwender schützen?
Haslhofer: Jedes System ist immer nur so sicher wie das sicherheitstechnische Wissen und die dementsprechenden Vorkehrungen seiner Benutzerinnen und Benutzer. Das ist bei so komplexen Technologien wie der Blockchain und Kryptowährungen allerdings sehr schwierig. Das größte ungelöste Problem bei Kryptowährungen ist die Sicherung der Schlüssel. Userinnen und User sollten hierbei nicht die Option außer Acht lassen, den Schlüssel auf einen Zettel zu schreiben und im Tresor einzusperren. Allerdings wird das Problem damit nur verschoben. Da hat das herkömmliche Finanz- und Zahlungssystem große Vorteile. Denn geht eine Bank pleite, sind die Vermögenswerte zumindest teilweise geschützt und beim Verlust der Bankomat- oder Kreditkarte bekommen Nutzerinnen oder Nutzer einfach eine neue ausgestellt.

Hinweis

Für weiterführende Informationen zum Thema lesen Sie unseren Beitrag „Kryptowährung: Nutzen und Risiken des digitalen Geldes“.

Letzte Aktualisierung: 7. Jänner 2022

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria